„Aus dem Alltag einer kinderreichen Familie“

So lautet der Titel von Gerhard Sieglochs Erinnerungsbuch an seine Mutter. Der schöne, reich bebilderte Band (Großformat, fester Einband, 166 Seiten) ist eine Hommage des Autors an seine vor acht Jahren verstorbene Mutter Johanna Pauline Siegloch, geb. Fritz.

                 

Sie wuchs mit zwölf Geschwistern auf. Als siebtes Kind von Johanna und Gottfried Fritz war sie „die goldene Mitte“ in der großen Kinderschar. Sie wurde 90 Jahre alt.
Gerhard Siegloch gelingt es meisterhaft, einzelne „Geschichtla“ aus der Familie seiner Mutter zu einem großen Ganzen zusammen zu fügen. Er verbindet seine Geschichten und Anekdoten oft mit ausdrucksvollen Bildern und wechselt in seinem Text immer wieder zwischen dem Schwäbischen und dem Hochdeutschen. Er liebt es, Zeitzeugenberichte und Aussagen aus seiner reichen Familiensammlung immer wieder im originalen schwäbischen Wortlaut zu zitieren. Sein Buch bekommt dadurch einen besonderen, unverwechselbaren Ton. Es ist in erster Linie für seine Familie, für Verwandte und Bekannte geschrieben, ist aber auch eine Fundgrube für jeden geschichtlich Interessierten.
Fotografien bekannter Metzinger Gebäude werden im Großformat wiedergegeben, so beispielsweise das ehemalige Gasthaus Ochsen an der Ecke der früheren Bahnhofstraße (sie wurde in der NS-Zeit in Hindenburgstraße umbenannt) und der Schlossstraße. Besonders eindrucksvoll ist auch das Foto der Sieben-Keltern-Schule. Andere Bilder zeugen von der Landwirtschaft, der Arbeit der „Wengerter“ und den Freizeitaktivitäten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Scans von Werbekatalogen aus dem Ende des 19. Jahrhunderts gestatten Einblicke in die damalige Gesellschaft und Wirtschaftswelt. Was interessierte die damaligen Hausfrauen, Handwerker, Arbeiter und Bauern? Was gehörte zu einer „gehobenen“ Lebensweise? Darüber erfahren wir manches in diesem Buch.
Die NS-Zeit ist ebenfalls gut dokumentiert. Wir lesen mit Schrecken, dass sechs Brüder von Johanna Fritz in den Krieg ziehen mussten und zwei von ihnen gefallen und zwei vermisst sind. Die Familienalben geben Einblicke in das Kriegsgeschehen an der Front und in der Heimat. Gerhard Siegloch skizziert abschließend das Familienleben in der Nachkriegszeit, sein Schulleben bis zum Abitur und seine Wehrdienstzeit in Landsberg/Lech. Einige Anekdoten aus seiner Zeit als Lehrer für Mathematik und Physik am Friedrich-List-Gymnasium Reutlingen und am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium sowie aus der Zeit der letzten Lebensjahre seiner Mutter runden das Buch ab. Es spricht jeden Leser an, der an der Geschichte einer Metzinger Familie interessiert ist. Es ist unterhaltsam und lehrreich. Gerhard Siegloch hat seiner Mutter nicht nur ein Denkmal gesetzt, sondern ein facettenreiches, lesenswertes Buch geschrieben, das sein Sohn Christoph liebevoll und schön gestaltet hat.
Es kann in der Buchhandlung Widmann für 20 Euro erworben werden.