Die Juden von Buttenhausen, Vortrag von Eberhard Zacher in der Stadtbibliothek

 

Die Juden von Buttenhausen. Geschichte, Alltag und Schicksal einer jüdischen Landgemeinde

DBernheimer'sche Realschuleer Vortrag am 12. September fand großes Interesse. Die Stadtbücherei war voll, Herr Koch, der Leiter der Stadtbücherei, war sogar gezwungen, aus Raumgründen manchen Interessierten den Eintritt zu verwehren.

Herr Zacher, hervorragender Kenner der jüdischen Geschichte Buttenhausens und ehrenamtlicher Mitarbeiter des dortigen Jüdischen Museums, schilderte in mehr als zwei Stunden, unterstützt von über 100 Bildern, die Geschichte des Dorfes von 1787 bis 1945.

1787 erließ Philipp Friedrich Freiherr von Liebenstein einen Judenschutzbrief für seine Herrschaft Buttenhausen. Zunächst wurden 25 Familien in den Judenschutzbrief aufgenommen, diesen wurde weitreichende religiöse Autonomie gewährt. Die Juden durften eine Synagoge und eigene Häuser auf freiherrlichen Grundstücken bauen. Für das Recht der Ansiedlung bezahlten sie den so genannten Judenschutz. Die ersten Familien ließen sich ein Jahr später im Dorf nieder, sie lebten vom Kleinhandel und vom Hausieren, dem so genannten Schacherhandel. Ihr Einkommen war sehr bescheiden. In den Anfangsjahren prägten hohe finanzielle Lasten die jüdische Gemeinde, denn die Juden mussten nicht nur an die Herrschaft, sondern auch an die Ortsgemeinde Abgaben entrichten.

Als Buttenhausen 1805 württembergisch wurde, besserten sich allmählich die Lebensumstände. Juden durften jetzt Grundbesitz erwerben, in die Zünfte eintreten und bürgerlichen Gewerben nachgehen. In den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts waren Handel und Gewerbe noch die ausschließlichen Erwerbszweige der Buttenhausener Juden. Dies änderte sich allmählich in der Mitte des Jahrhunderts; während manche Familien den traditionellen Vieh- und Pferdehandel weiter ausbauten, eröffneten andere jüdische Bürger im Ort Ladengeschäfte. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten Juden stattliche, mehrstöckige Häuser bauen und Gastwirtschaften eröffnen. Buttenhausen mauserte sich zu einem kleinstädtisch wirkenden gewerblichen Zentrum der Region. 1870 lebten in dem Dorf 442 Juden und 392 Christen. In den folgenden Jahrzehnten wanderten viele Juden in die Städte ab, denn dort boten sich bessere Berufs- und Arbeitsperspektiven. Um 1900 waren noch 40 Prozent der Einwohner Buttenhausens Juden, 1925 sank ihr Anteil auf 22,6 Prozent. Am Ende der Weimarer Republik 1933 lebten nur noch 89 meist ältere Juden im Ort.

1862 wurde ein Volksschulhaus für evangelische und jüdische Kinder gebaut, 1904 kam die Realschule dazu. Diese stand allen offen; Christen und Juden, Mädchen und Jungen, Einheimischen und Auswärtigen. Die für so ein kleines Dorf außergewöhnliche schulische Einrichtung war eine Stiftung des in Buttenhausen geborenen und in München erfolgreichen Königlich Bayrischen Kommerzienrats Lehmann Bernheimer. Als die Inflation 1923 das Stiftungsgeld aufgezehrt hatte, musste die Schule schließen. Heute ist das eindrucksvolle, städtisch wirkende Gebäude Bürgerhaus und Jüdisches Museum.

Eberhard Zacher berichtete anschaulich über das Mit- und Nebeneinander der beiden Religionen und der Menschen, die wirtschaftliche und kulturelle Blüte des Dorfes. Mit dem Beginn der NS-Herrschaft 1933 setzte die rechtliche und wirtschaftliche Diskriminierung ein, die schließlich zur völligen Entrechtung und Vernichtung der Juden führte. Antisemitismus und Rassenhass wirkten sich auch in Buttenhausen aus. Spätestens nach dem Novemberpogrom 1938, in dem auch die Synagoge zerstört wurde, war die Lebensgrundlage der jüdischen Bevölkerung im Dorf existenziell bedroht. „Wer jetzt nicht auswanderte, wurde in die Konzentrations- und Vernichtungslager im Osten deportiert. Kein jüdischer Buttenhausener kehrte nach 1945 zurück.“ (Zacher).

Abschließend ging Herr Zacher auch auf das großartige „bürgerschaftliche Engagement gegen das Vergessen“ des Landwirtschaftsmeisters Walter Ott ein, der sich die Aufarbeitung der Dorfgeschichte und besonders der Geschichte der jüdischen Gemeinde von Buttenhausen zur Aufgabe gemacht hatte.