Exkursion des AKS-Geschichtsvereins Metzingen
Wenn aus dem Königreich Württemberg eine Republik würde, käme kein anderer als Präsident in Frage als der jetzige König Wilhelm II. So ähnlich hatte es der württembergische SPD-Landtags- und Reichstagsabgeordnete Wilhelm Keil wenige Jahre vor dem Sturz der Monarchie öffentlich formuliert. Dem von Keil gewürdigten letzten württembergischen König galt am 25. April ein Besuch des durchaus republikanisch gesinnten AKS-Geschichtsvereins Metzingen.
Dr. Albrecht Ernst, stellvertretender Leiter des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, unterhält zum Metzinger AKS schon lange freundschaftliche Beziehungen. So war es auch kein Wunder, dass er speziell für die Metzinger einen Samstagnachmittag opferte, um ihnen anhand der gerade laufenden Ausstellung das Leben und Wirken von König Wilhelm II nahe zu bringen.
Dabei stellte Dr. Ernst in einem Rundgang durch die Stuttgarter Innenstadt die Gebäude vor, die eng mit Wilhelm II. in Verbindung stehen. Die mit der Bahn angereisten Metzinger wurden daher zuerst in der Schalterhalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs auf das große Sandsteinrelief aufmerksam gemacht, das den Bau des von Paul Bonatz geplanten oberirdischen Kopfbahnhofs in den Kriegsjahren 1914 bis 1917 unter König Wilhelm dokumentiert. Über den Vorgängerbahnhof beim heutigen Metropoltheater (dort begannen die zahlreichen Reisen des Königs) ging es an dem nach dem zweiten Weltkrieg dem Straßenverkehr geopferten Kronprinzenpalais vorbei weiter zum Schillerplatz, wo im Prinzenbau (heute Standort des Justizministeriums) Wilhelm im Jahr 1848 geboren wurde. Vom Alten Schloss, in dessen Kirche Wilhelm getauft und konfirmiert worden war, führte der Weg auf den Schlossplatz mit dem Neuen Schloss als Regierungssitz Wilhelms und mit dem Kunstgebäude, dessen Errichtung nach dem durch Brand zerstörten Residenztheaters ebenso dem kunstsinnigen König zu verdanken ist wie das Staatstheater, dessen Großes Haus (Staatsoper) den Luftangriffen des zweiten Weltkriegs im Gegensatz zum Schauspielhaus nicht zum Opfer gefallen war. Den Schlusspunkt setzte Dr. Ernst mit dem Blick auf das gerade durch Baugerüste fast unsichtbar gemachte Wilhelmspalais, dem letzten Wohnsitz des Königs, das dieser am 9.November 1909 verlassen hatte.
Die anschließende Führung durch die Ausstellung im Hauptstaatsarchiv würzte Dr. Ernst wie schon zuvor bei dem Rundgang mit zahlreichen Anekdoten über den im Volk sehr beliebten König, über seine Kindheit, seine Studenten- und Militärzeit, aber auch über seine beiden Ehen (seine erste Frau war über der Geburt des dritten Kindes im Alter von nur 25 Jahren gestorben) und über die in der Göttinger Studentenzeit begründeten Freundschaften. Gerade diese private Seite des Prinzen und seit 1891 Königs hat durch die Entdeckung eines umfangreichen Briefwechsels das Bild Wilhelms weitaus deutlicher skizziert, als dies bis dahin möglich war. Die Ausstellung, die von 29. Jauar bis 2. Mai zu sehen ist (war), ist letztlich diesem Briefwechsel zu verdanken.
Die rund vierzig Reisenden aus Metzingen verdankten der Führung durch Dr. Ernst einen sehr vergnüglichen und informativen Besuch in der Landeshauptstadt, der von Dr. Christiane Hauber und Rudolf Renz bestens organisiert worden war.
Fotos: H. Kaut und P. Stasch